95, 96, 97, 98, 99, einhundert Mon Devoir Marathons

Die Geschichte begann an einem Januarsonntag 2014. Damals liefen Norbert, Hendrik und Ich den ersten MDM in Hochstimmung. 5 Jahre später sollten es schon 100 sein. Soweit haben wir damals nicht  gedacht. Dabei war schon die Debütveranstaltung im Dreisamtal ein waschechter MDM mit der Rezeptur, die sich inzwischen 100-fach bewährte:  Befreit vom Zeitkorsett der Stadtmarathons kam das MDM-Laufen von Anfang an ohne Rennstrategie oder Gels aus. Dafür standen Diskussionen, Geistesblitze, viel Witz und die Entwicklung einer Rahmenhandlung im Vordergrund. Der spontane Rollentausch mit den Waldarbeitern oberhalb von Littenweiler, hat es sogar auf das Titelbild des ersten Bandes “50 Marathons für Afrika” geschafft, den Martin Raulf schon im April 2017 am anderen Ende der Republik erarbeitet hatte. Es macht immer wieder Spaß, darin zu blättern. Die Bilder zeigen auch gleich, dass die Leute vom Mon-Devoir e. V. uns vom ersten Lauf an großartig unterstützt haben. Damals im Dreisamtal wurden wir von Birgit mobil verpflegt, womit die großartige Geschichte der MDM-VPs, unsere speziellen Verpflegungspunkte, ihren Anfang nahm. Mehr als die Hälfte der 100 Marathons haben Birgit, Frieda und Heidi zu Genusslauf-Events gemacht. Eine erstaunliche Geschichte, deren vorläufiger Höhepunkt der MDM-95-VP in Sulzburg war. Heidi und Frieda haben dort diesmal zusammen für uns gezaubert, woran vermutlich Norberts Revival nach langer MDM-Auszeit nicht ganz unschuldig war. An diesem 28. April 2019 begann mit dem 95. MDM auch definitiv der Landeanflug auf unseren Jubiläumslauf, der Torstens Zeitplan folgend, auf Pfingstsamstag fallen sollte. Dazu wurden im Mai gleich 4 hochkarätige Veranstaltungen gebündelt.

 
Der 96. MDM führte von Blumberg nach Singen über die Hegau-Vulkane. Das Vorglühen für den Bodensee-Marathon am Folgetag. Mit dem Glühen hat es dann nicht so richtig funktioniert: Nasskaltes Wetter und längst erloschene Vulkane, aber eine schöne brandneue Strecke im MDM-Portfolio. 


Einer der Höhepunkte im MDM-Jahresgang ist der Bodensee-Marathon, den Klaus mit viel Energie zur zweiten Edition weiterentwickelt hat. Diesmal haben wir dort viel Zeit zusammen verbracht, am Vorabend und auch nach dem Lauf im urigen Ziegelhof-Stüble gemütlich zusammen gehockt und unser Marathon-Latein gesponnen. Frieda ist uns in ihre alte Heimat nachgereist und hat es sich nicht nehmen lassen, in Bodman den Großteil einer Bushaltestelle mit bester Läufer-Verpflegung zu blockieren. Und das im Teamwork mit Stolpertruppen-Claudia. Unser Klaus hat seine Arbeit wieder richtig gut gemacht und auch zum 97. MDM eine umfangreiche Sponsoren-Wundertüte für die Läufer zusammengestellt: Rapunzel-Verpflegung, Falke-Socken, Bodensee-Schifffahrt und warme Duschen haben uns über das mittelprächtige Wetter hinwegsehen lassen. Als Besenläufer waren René und Ich weit abgeschlagen. Bereits im Regen und Hagel ausgekühlt, begrüßte uns Überlingen mit geschlossenen Bahnschranken.


Der 98. MDM war dann schon unsere 5. Black Forest Trail-Night. Trotz miserabler Wetterprognose und Sturmtief am Vortag starten wir vollzählig um 2.30 Uhr. Dabei ist unser Senkrechtstarter Remo, der erst Mitte April dazukam und Pfingsten schon seinen 7. MDM lief. Der Nachtlauf zum Schluchsee ist der erste MDM von Ultra-Claudia und Georg. So ist es besonders schön, dass Heidi zu nachtschlafender Zeit zum Feldberg aufbricht um uns einen wunderschönen VP aufzubauen. Heißgetränke werden bevorzugt, kommen wir doch aus der weißen Hölle am Schwarzwälder Piz Palü, wo wir im Nebel auf geschlossener Schneefläche nur noch mit dem GPS der Strecke folgen konnten. Zum anschließenden Schluchseelauf starten wir dann schon wieder im Sonnenschein, ein langer Tag mit vielen Eindrücken und VIP-Fahrservice von Ramona, die uns zurück nach Freiburg bringt.    


Bis zum 30. Mai gibt es eine beinahe unerträglich lange MDM-Pause. Doch das Warten hat sich gelohnt: Der 99. MDM, unser legendärer Vatertagslauf. Claudia hat sich vom Tagesmotto nicht abschrecken lassen und läuft ihren 2. MDM mit uns. Wir verbinden den Gutedel-Tag auf der gesperrten Landstraße zwischen Müllheim und Staufen mit der Rebhüsli-Tour über den Tuniberg. Es ist dann auch Claudia, die uns aus ihrer Heimat die Sportler-Weisheit mitgebracht hat, die es gleich zum Motto dieses 2. Bandes der MDM-Dokumentation geschafft hat: “Sportler ist, wer raucht und trinkt und trotzdem seine Leistung bringt”. In diesem Sinne war der 99. MDM schon ein optimales Training für die Partystimmung beim 100. MDM.    


Der große Tag ist gekommen, der südbadische Pfingstsamstag kleidet sich dazu in himmelblau bei schönstem Sonnenschein. Eine MDM-Choreographie läuft fast perfekt ab. Es gibt nur Superlative. Die weiteste Anreise beispielsweise hat Ehrengast Martin aus Winsen auf sich genommen. Als offizieller Abgesandter der Stolpertruppe-Nord, aber weit mehr als das,  personifiziert Martin das Kraftfeld, welches das Plasma der Truppenteile Nord, Süd, Küste und West zusammenhält. Claudi aus Winsen ist ebenso weit gereist, das aber mit doppelter Motivation, denn hier haben sich aus der MDM-Schluchtensteiggeschichte intensive Bindungskräfte mit der Formel  FR-HH ergeben. Eine tolle Konstellation und so freue ich mich besonders, dass Gerd und Claudi ihren Urlaub verschoben haben. MDM-Vater Norbert steht ebenfalls am Start im Rekordfeld von 11 Teilnehmern und Teilnehmerinnen, die auf allen vier Kleeblättern die Marathon-Distanz sammeln werden. Natürlich wird es wieder mehr als ein Marathon, denn obwohl ich tagelang an den Runden Umbauten und Optimierungen vornahm, habe ich gleich den Start der ersten Runde in die falsche Richtung geführt: +2 Kilometer. Das ist der Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Alles war aber auch komplex geplant, die Umleitungen des Dreisamweges haben eine gewisse Nervosität befördert. Dazu gab es das Experiment mit insgesamt 4 Runden, wozu noch die Alternativ-Tour A2 als Höhenmeter-Sparmaßnahme für die  Nordlichter angeboten wurde.  

   
Birgit hat die Rahmenhandlung organisiert, den halben MD-Verein mobilisiert und alle Probleme aus dem Weg geräumt: Unsere Basis, der Ganter-Hausbiergarten wird um 9:30 statt um 14 Uhr geöffnet. Ein Grill ist angemietet, Franky und Matthias halten Birgit den Rücken frei. Unsere Verbindung zur Schule Mon Devoir wird mit den  Afrika-Marathonbannern demonstriert, 4,50 Meter = 2 BTE, dieses Maß entspricht perfekt der Länge von 2 Biertisch-Einheiten. So finden wir schon nach der ersten Runde (Roßkopf alternativ Zarten) einen perfekt ausgestatteten VP vor. Ich sehe nur gut gelaunte Menschen und es werden immer mehr. Renate und Birgit vertreten den Vorstand des Vereins, dessen zweite Hälfte sich gerade in Lomé um die Schule kümmert. Dann gibt es sogar noch viele Geschenke: Ein wunderschönes Mon Devoir Marathon Équipe-Shirt für alle MDMler, tolle Überraschung, mit der ich so wenig rechnete wie mit dem üppig ausgestatteten Fresskorb, der bezeichnenderweise überwiegend mit hochwertigen Weinflaschen bestückt ist. Dazu ein erheblicher Gutschein für den Goldenen Anker, beschert von meinen MDM-Freunden und Freundinnen. Doch damit nicht genug, der Vorstand bedenkt mich mit eine riesige Trophäe, handkaligraphiert in Gold der Lorbeerkranz mit dem Schriftzug “100 MDM”. Toll. Auch dieser Kelch kommt nicht leer sondern mit dem passenden Regenerations-Gutschein einer bekannten Therme der Region. Glücklicherweise stand ich auch nicht mit leeren Händen da, fand ich doch einen 5 Punkte-Plan für eine 2 Minutenrede in meinen Unterlagen. Selbstredend, dass Ich mich nicht daran gehalten habe, aber 20 Minuten sind es dann doch auch nicht geworden.

Gelaufen wurde auch. Die Trail-Maniacs suchen die Einsamkeit der Wälder am Roßkopf und sammeln in dieser Aufwärmphase schon einmal 470 Höhenmeter. Norbert führte die Höhenmeter-Abstinenzler, mit Ortskenntnissen, einem schwarz-weiß Ausdruck der Karte und den zwei Claudias, derweil sicher zurück aus den Weiten des Zartener Beckens. Schleife zwei führt auf der ausgedehnten Westrunde um den Dietenbach- und Flückigersee und retour entlang des sog. Haslacher Knochens. Die dritte Runde, verstärkt durch Birgit, Eva, Stefan und Andras, führt durch die Villen-Schluchten der Wiehre, den Klassiker-Trimmpfad am Sternwaldeck zum Waldsee, wo Absperrungen spontan umgangen werden. Mein persönliches Highlight dann die vierte Runde, die uns über den Münsterplatz zum Stadtgarten führt, durch Herden, den Botanischen Garten, einen Besuch des Geologischen Instituts samt Steingarten einschließt, wo es zwecks Huldigung des Schwabengesteins Suevit eine Zwangspause gibt. Stühlinger, Gambia-Park, Blaue Brücke, Platz der Alten Synagoge sind die nächsten Stationen, bevor die Laufdynamik im Gedränge des Bermudadreiecks verloren geht. So verfehlten wir das Martinsgässle nicht und folgen der Einladung von Joachim und Andy zum VP im Drescher-Running-Outdoor Laden, einem der Hauptsponsoren des MDM-Geschehens.
Joachim, Jürgen und Hendrik fehlen uns heute als Top10-Protagonisten der MDM-Laufszene sehr. Das ist der einzige Schatten an diesem erlebnisreichen Tag unter dem Motto: “Freiburgs Seen, Freiburgs Gärten”, mit dem Zentrum in Freiburgs wichtigstem Garten, dem Ganter-Hausbiergarten. Danke an Birgit, Renate, Franky, Matthias, Ari, Daniel (unser Mann am Grill), Heidi, Frieda, Heike, Susan, Ramona, Remos Mutter, Kirsten, Alina, Ana-Lena, Lydia, Eva, Stefan, Jutta und Norbert, Lutz, Andras, Bertram, Joachim, Gerd und Claudi, Torsten, Klaus, Albrecht, Mario, Martin, Remo, Hennes, Ultra-Claudia und MDM-Mitbegründer Norbert und Alle, die ich hier nicht namentlich aufführe, weil Martins Buch schon bei fast 500 Seiten ist.

 
Nachtrag: Leider gab es keine Finisher beim 100. MDM. Was? Ja, ich musste kurzfristig die Ergebnisliste komplett in DNF (Did not Finish) umstellen. Kein Teilnehmer, auch keine Teilnehmerin hat den Jubiläumslauf regelkonform beendet. Das ist mir erst heute beim Blättern im ersten Band aufgefallen: Ich zitiere aus dem Regelwerk, S. 27: “...Anfangs gab es einen überschaubaren Wertekosmos, der allein die Turmwertung vorsah. Ein Turm, der mehrheitlich als solcher wahrgenommen wird, darf beim MDM nicht überlaufen werden. Egal wie hoch und mühsam: Turmbesteigungen sind ein steter Quell von MDM-Höhenmetern...” Was ist mit dem schönsten Turm der Christenheit? Wir sind bei Kilometer 35 einfach drumherum gelaufen (Freiburger Münsterturm Samstags  09:30-16:45 Uhr). Bisher haben wir alle Klippen umschiffen können und da das Regelwerk  in diesem Fall Problemstellungen nicht regelt, die eigentlich hätten geregelt werden müssen, wird ab heute folgende “salvatorische Klausel” rechtswirksam:  “Wird ein MDM-Wettkampf als dreistelliges Jubiläum veranstaltet, dürfen einzelne Regeln durch den verantwortlichen Race-Director auch nachträglich außer Kraft gesetzt werden. Ausgenommen hiervon ist die Biergarten-Klausel, die als  Ewigkeitsvereinbarung gilt”. So konnte ich inzwischen die Ergebnisliste wieder herstellen. Gratulation an alle Finisher.

   
Euer Christof